"DEN Nazi", sowas gibt es doch garnicht!
"DEN Nazi", sowas gibt es doch garnicht! wenn
es DEN Nazi gäbe, dann wäre es einfach und das problem spielend lösbar.
Nein, es ist komplexer, weil es Menschen sind und diese alle
unterschiedlich sind.
wenn jemand über eine fremde kultur
schimpft und seine verachtung zum ausdruck bringt, dann lohnt es sich
nachzufragen, woher denn diese Einstellung kommt (man selbst habe da
ganz andere erfahrungen gemacht).
Was, wenn derjenige erzählt,
dass seine eltern von Menschen aus der besagten Kultur ermordet wurden?
die ersten male, wo ich solches feedback erhalten habe (mal ging es um
die Schwester / Bruder, Tante, Großeltern,...), war ich erstmal baff und
wusste nicht zu reagieren. hab dann erstmal durchgeatmet und mich
vorsichtig weiter getastet. "aber Du bist Dir schon bewusst, dass nicht
alle Menschen gleich sind, in keiner kultur. Du kannst doch jetzt nicht
alle über einen kamm scheren?"
es ist schwierig bis unmöglich
solche gespräche mit mehreren zu führen, die eine verachtende
Einstellung haben, denn die versuchen sich wechselseitig auf kurs zu
halten (auch, da sie ihre Identifikation und ihr gruppengefühl zum teil
über die gemeinsame verachtung erhalten). dem vorschlag von Harry,
derart in eine Nazidorf im dunklen osten zu gehen, werde ich daher nicht
folgen ;-) aber mit Einzelnen kann man recht schnell zum kern
vordringen, sofern diese natürlich wollen. erzwingen darf man das nicht
(man schafft es aber eigentlich immer mitzuteilen, dass man selbst
anderer meinung ist)
"was ist es denn genau, was Dich an den
$$$ so stört? wie fühlt sich das an, wenn Du jemandem begegnest?" ... in
der regel kommen hier zunächst schwachsinnige, unüberlegte
pauschalisierungen. "die stinken" sagte mir zB. ein penner, der selbst
zum himmel stank. das hat er irgendwie an meinen augen erkannt und wir
mussten beide lachen. an seiner reaktion bemerkte ich, dass er -
"merkste selbst" - kurz realisierte, dass er sein eigenes problem den
anderen zum vorwurf macht.
das sind magische momente, die man
auch einfach mal kurz wirken lassen kann. zentral ist, dass man von
diesen floskeln "die stinken, sind kriminelle, herzlose, faule, nehmen
arbeit weg oder arbeiten nicht, ..." weg kommt zu den persönlichen
gefühlen im augenblick der begegnung.
"was fühlst DU denn, wenn
Dir ein $$$ begegnet - schau mal da drüben, ist das nicht ein $$$?" ...
es ist viel, wenn dann als Antwort ein Gefühl namentlich benannt wird,
wie z.B. "Wut". ist es verständlich, wenn jemand bei einer solchen
begegnung wütend wird, wenn er somit gezwungen ist, sich an sein
unverarbeitetes drama zu erinnern?
es muss ja nicht immer ein
solches drama dahinter sein. tief im osten wird es häufig die arbeit
sein, die arbeitslosigkeit und die eigene perspektivlosigkeit. die
eigene (sehr wohl reale!) bedrohung wird dabei kanalisiert auf
$wasweissichnichalles. damit komme ich persönlich am wenigsten klar.
was, kein Mord oder Missbrauch in der Familie und Du machst $xy für
Deine Ängste verantwortlich? das ist mir zu primitiv - erstick Doch an
Deinen eigenen projektionen!! nur, dann werde ich selbst zum Teil des
problems ... und "Ängste" können gefährliche Gegner werden, die man
besser ernst nimmt.
bei den meisten "Nazis" (also der Masse)
dreht es sich um einfache Mitläufer, die schlicht zu wenig reflektiert
haben, was sie da sagen oder wem sie da folgen. die meisten machen das
aus zugehörigkeitsgefühl - in so Nazidörfern sicherlich auch, weil keine
wirklichen alternativen (mehr) für zugehörigkeit vorhanden sind...
manche machen das aber auch aus angst, weil sie sonst zum Ziel werden,
wenn sie nicht dazugehören. wie auch immer: diese fälle sind
psychologisch die einfachsten - und in einem gespräch 1:1 noch am
zugänglichsten. die wirklichen probleme sind diejenigen, die ein drama
mit ihrer überzeugung verbinden - oder, noch schlimmer, ein
intellektuelles gerüst gebildet haben, das Emotionen und Empathie
verhindern versucht [sind praktisch nicht zugänglich]
zurück zu
den gefühlen: im prinzip dreht es sich um Schmerz, Angst, Wut,
Kontrolle, Depression und Scham sowie das "strategische Ego". Auch, wenn
diese Aufzählung eine Vereinfachung ist (und Vereinfachungen immer
irgendwo hinken), kann diese recht hilfreich sein, wenn man sich in der
Psyche orientieren möchte. "Wut" folgt z.B. aus dem Ohnmachtsgefühl der
"Angst" - und Angst ist immer eine, die man vor einem realen (aber eben
meist VERGANGENEM) "Schmerz" hat. eigentlich geht es immer um diesen
Schmerz. wir tun alles, um einen einmal erlebten und nicht vollends
verarbeiteten schmerz nie wieder zu fühlen (verständlich, nur eben
surreal, da vergangenheit).
"Verständlich, dass Du wütend bist,
wenn Deine $$$ umgebracht wurden - wovor hast Du denn Angst, was könnte
schlimmstenfalls passieren?" ... die Antwort wird aus dem Kopf
erfolgen, aber die exakte Angst triggern ... "Nichts wird passieren,
denn ich werde ihm vorher den Hals umdrehen!" ... "Du lebst also in
permanenter Angst. Wie fühlt sich das an, Du hast ja schon
Schweissperlen auf der Stirn und atmest schneller...????????" [das
zentrale Ziel ist den eigenen Körper und die ablaufenden Gefühle zu
beobachten, denn an dieser Stelle ist eine Projektion unmöglich und kann
wieder zurück geholt werden!] "fühl mal Deinen körper, merkst Du, dass
Du leicht zitterst?" ... "es schnürt mir den Hals zu ... wie ein Kloss
im Hals" ... das sind alte Gefühle, die Du eigentlich nicht mehr
brauchst - warum schleppst Du die immernoch mit Dir herum?
wenn
man lange genug, vorsichtig und behutsam in diesen Wunden bohrt kommt
man - vorausgesetzt der Vertrauensrahmen ("Rapport") ist groß genug -
zwangsläufig bei einem Zusammenbruch an. so krass es sich anhören mag;
wenn mein Gegenüber in Tränen ausbricht, weiss ich, dass wir am Ziel
sind. man sollte nicht sofort eingreifen, sondern denjenigen erstmal
selbst etwas reinsteigern lassen. wenn man zu schnell den Arm um das
würstchen legt, geht dieser vielleicht nicht ganz in seinen eigenen
schmerz. wenn derjenige sehr mit dem schmerz involviert war, vielleicht
sogar beim Mord der $$$ anwesend war, dann ist es nicht unüblich, dass
Visionen vom damaligen geschehen auftauchen. das einzige stilmittel, mit
dem man recht bedenkenfrei arbeiten kann und sollte, ist die atmung
""hey, atme mal tief durch!!" (und dann atmet man selbst tief ein und
aus, nennt sich "leading";-) - wenn altes hochkommt kann es wichtig sein
zu realisieren, dass dies vergangenheit ist und wir jetzt HIER sind.
dass das alte keine macht mehr hat.
ich habe bewusst eine
ganze reihe hypnotischer stilmittel weggelassen, die ich in meiner
arbeit nutze. es ging mir nur darum ein beispiel aufzuzeigen, wie es mir
schon zigfach begegnet ist. ich habe solche erfahrungen jetzt bereits
hunderte male in den letzten fast 20 jahren erlebt. der ablauf ist
gewisser weise immer derselbe, auch wenn sich verschiedene faktoren
ändern.
ACHTUNG: ich will niemanden ermutigen irgendwelche
psychologischen spielchen mit wildfremden oder politischen gegnern
durchzuführen. wenn man einfach offen, vertrauensvoll und wirklich
interessiert am anderen MENSCHEN ist, kommt man mit etwas nachbohren,
ganz von selbst unwahrscheinlich tief - einfach nur durch Interesse am
Menschen und seinem schicksal. man darf den anderen auch nicht als
seinen patienten sehen, sondern eher reflektieren wo man selbst ähnliche
erfahrungen machen musste - auf augenhöhe bleiben!! die ersten male ist
mir das alles bei ganz normalen gesprächen passiert - ich wusste
garnicht, dass sich dahinter ein reproduzierbares muster verbirgt.
deshalb weiss ich, dass dies durch ganz normales interesse am menschen
sehr heilsam sein kann.
"was hat Dich dazu gebracht $$$ zu
verachten?" - "wie fühlt sich das heute noch an?" ... "mal ganz ehrlich -
klingt nicht so, als sei das schon wirklich verarbeitet?!?" - "um
welchen Schmerz(!) geht es und wie fühlt sich dieser (hier und jetzt)
an?" - "brauchst Du den noch? Nein, dann lass es los / raus!!"
nachdem man etwas losgelassen und sich ausgeheult hat, muss auch wieder
etwas zurück kommen und neu gefüllt werden. das ist wie ein Loch. tief
atmen macht da sinn - oder sich bewusst machen, dass die fremde kultur
$$$ keine angst mehr auslöst. genial ist natürlich, wenn sich eine
gelegenheit bietet, einem $$$ direkt die hand zu reichen... etwas neu zu
machen, wie frisch geboren.
es muss auch garnicht bis zum
heulen und zusammenbruch (eskalation) gehen. es kann reichen, dass
einfach jemand da war, der verständnis für die eigene situation gezeigt
hat - aber auch klar äusserte, dass es keinen sinn macht, eine ganze
kultur für die schlechten erfahrungen zu verurteilen. da es um absolute
freiwilligkeit geht, kann es gut und gerne dutzende so gespräche
brauchen, bis jemand zulässt, an seinen eigenen schmerz zu kommen. aber
daher braucht es mehr menschen, die sich wirklich füreinander
interssieren.
und noch eine magie kommt hinzu: in der regel
lassen wir fremde in solchen situationen näher an uns heran, als enge
freunde. wahrscheinlich, weil wir den fremden nie wieder sehen werden.
das kennt jeder von uns, dass wir mal einem wildfremden das herz
ausgeschüttet - oder uns weiter geöffnet haben, als wir das von uns
selbst gewohnt sind.
da ich ja inkompetent bin, wenn ich meiner
meinung keine quellen beifüge - das meiste kann im NLP (besonders
Arbeiten mit Phobien) und klassischer klinischer Hypnose (die es ja
angeblich nicht gibt - wir ja nur mal mehr oder weniger tief in Trance
bzw. bei Bewusstsein sind) nachgelesen werden. und da es sich nur um
meine persönliche erfahrung / meinung handelt, kann man das alles, wenn
man will, auch nur als (schl)Echtes Märchen betrachten. liegt ganz bei
einem selbst :D
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